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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 29.11.1995
Aktenzeichen: 1 K 2127/92
Rechtsgebiete: EStG, BGB


Vorschriften:

EStG § 6b
EStG § 6c
EStG § 14 S. 2
EStG § 16 Abs. 3
BGB § 133
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Rheinland-Pfalz

1 K 2127/92

Gewinnfeststellung 1988 und 1989

Der 1. Senat des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz hat

auf die mündliche Verhandlung vom 29. November 1995

unter Mitwirkung

des Vorsitzenden Richters am Finanzgericht ..., der

Richter am Finanzgericht ... und ... sowie

der ehrenamtlichen Richter ... und ...,

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten vornehmlich über die Frage, ob der am 3. Juni 1982 verstorbene Vater der Kläger - ... 1913 (im folgenden: Vater) - im Rahmen einer Verpachtung seines gesamten Land- forstwirtschaftlichen Betriebes an den Kläger zum 1. Januar 1975 am 22. Mai 1975 eine wirksam gebliebene Betriebsaufgabeerklärung abgegeben hat und demzufolge landwirtschaft genutzte Grundstücke, die im Rahmen einer (Teil-)Erbauseinandersetzung unter Zahlung einer Abfindung übertragen bzw. an einen Dritten veräußert wurden, Privatvermögen geworden - und nicht Betriebsvermögen geblieben - sind.

Die Kläger - es handelt sich um Geschwister - sind Miterben ihres Vaters zu je 1/2. Die Mutter der Kläger war bereits 1979 verstorben; sie hatte seinerzeit den Vater allein beerbt. Gemeinsam mit ihren jeweiligen Ehegatten unterhalten die Kläger eigene landwirtschaftliche Betriebe. Der diesbezügliche Gewinn wurde in dem hier maßgeblichen Wirtschaftsjahr 1988/1989 für den Betrieb der Klägerin nach § 13 a EStG (oder § 4 Abs. 3 EStG) ermittelt; der Gewinn für den landwirtschaftlichen Betrieb des Klägers wurde vom Finanzamt geschätzt.

Der Vater hatte auf ihm bzw. ihm und seiner Ehefrau gehörenden Grundstücken (insgesamt rund 7 ha) sowie auf zugepachteten Flächen (rund 2 ha) einen landwirtschaftlichen Betrieb (Ackerbau) mit gärtnerischer Nutzung (Obstbau; vgl. Einkommensteuererklärung 1973 mit Anlagen, Bl. 94 ff ESt-Akte Vater) unterhalten. Den Gewinn ermittelte er nach Durchschnittssätzen.

Am 22. Mai 1975 ging beim Finanzamt die gemeinsame Einkommensteuererklärung der vorgenannten Eheleute für das Jahr 1974 ein. Auf der Vorderseite des Mantelbogens (Bl. 112 ESt-Akte Vater) ist handschriftlich folgendes aufgeführt:

"Hiermit erkläre ich die Betriebsaufgabe meines land- und fostwirtschaflichen Betriebs zum 31.12.1974. Ich erhalte ab dem 1. Jan. 75 eine Altersrente in Höhe von ... DM" (folgt: Unterschrift des Vaters).

In der der Erklärung beigefügten Anlage L ist die Arbeitsleistung des Betriebsinhabers und seiner Ehefrau im landwirtschaftlichen Betrieb erklärt vom 1. Juli bis 31. Dezember 1974. Gleichzeitig hatten die Eheleute dem Finanzamt eine Anlage vom 14. Februar 1975 zum Pachtvertrag zwischen dem Vater und seinem Sohn - dem Kläger -, der im elterlichen Haus lebte, eingereicht (Bl. 129 ESt-Akte Vater), in der die an den Kläger verpachteten Flächen (Ackerland; insgesamt: 68.587 qm) aufgeführt sind, u.a. Grundstücke in der Gemarkung ... Flur 7 Nr. 4 (Größe: 5.949 qm; im folgenden: Grundstück 1) und Nr. 5 (Größe: 7.728 qm; im folgenden: Grundstück 2) sowie Flur 6 Nr. 72 (Größe: 10.415 qm; im folgenden: Grundstück 3). Grundstück 3 hatte der Vater im Jahr 1971 für ca. 100.000,- DM, erworben. Die vom Kläger an seinen Vater zu entrichtete Pacht betrug jährlich 2.740,- DM. Nicht verpachtet hatte der Vater die von ihm - weiterhin - selbst bewirtschafteten obstbaulichen (Süß- und Sauerkirschen) Flächen von insgesamt 2.300 qm.

Im Rahmen der finanzamtlichen Bearbeitung der vorgenannten Einkommensteuererklärung des Vaters für 1974 übersandte das Finanzamt dem Vater unter dem 28. September 1976 eine Anfrage u.a. des Inhalts, ob zwischen den 1. Juli 1970 und dem 31. Dezember 1974 Grundstücke verkauft worden seien, und erbat die Vorlage eines Betriebsvermögensverzeichnisses auf den 1. Juli 1970, in dem insbesondere zum landwirtschaftlichen Betrieb gehörende Grundstücke aufgeführt sein sollten. Aufgrund dieses Schreibens sprach der Vater am 30. September 1976 persönlich beim Finanzamt vor und gab die angeforderte Aufstellung ab (Rückseite Bl. 104 ESt-Akte Vater). Hierbei ergab sich, daß der Vater im Jahr 1971 ein Grundstück (Gemarkung ..., Flur 9 Nr. 81/82; 11.950 qm) zu einem Quadratmeterpreis von 65,- DM veräußert hatte (Erlös demnach rechnerisch: 776,750,- DM; vom Finanzamt vermerkt: ca. 660.000,- DM). Über die weiteren Besprechungen an Amtsstelle fertigte der Sachbearbeiter eine vom Vater eigenhändig unterzeichnete Niederschrift (Bl. 104 ESt-Akte Vater) folgenden Inhalts an:

"Herr ... erklärt am 30.9.76:

Der Landwirtschaftliche Betrieb wird von ihm selbst nicht mehr bewirtschaftet, es erfolgt die Verpachtung an den Sohn. Die Pachteinnahmen sollen weiterhin als Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft behandelt werden. Eine Überführung des Betriebes in das Privatvermögen soll nicht erfolgen. Die am 27. (gemeint ist: 22.) 5.76 erklärte Betriebsaufgabe wird hiermit widerrufen."

Anschließend wies das Finanzamt mit Schreiben (ohne Datum, Bl. 103 ESt-Akte Vater) darauf hin, daß hinsichtlich des anläßlich der Vorsprache am 30. September 1976 bekannt gewordenen Veräußerungsvorgangs in 1971 ein in 1971 zu erfassender Veräußerungsgewinn entstanden sei, dessen Höhe allerdings durch Beantragung eines höheren Teilwerts zugunsten des Vaters beeinflußt werden könne. Da allerdings die Frist zur Stellung des Antrags mit Ablauf des 31. Dezember 1975 geendet habe (vgl. § 55 Abs. 5 Satz 2 EStG), werde um Mitteilung etwaiger Hindernisgründe zur Einhaltung der Frist - möglichst unter persönlicher Vorsprache beim Finanzamt - gebeten. Daraufhin sprach der Vater am 2. Dezember 1976 erneut beim Beklagten vor (vgl. Niederschrift vom genannten Tag, Bl. 105 ESt-Akte Vater). Hierbei legte der Vater unter Beantragung von Nachsicht gemäß § 86 RAO dar, daß ihn der Bauernverband unrichtig über die Stellung eines Antrags nach § 55 Abs. 5 EStG unterrichtet habe. Nachdem das Finanzamt eine entsprechende Stellungnahme des Bauernverbandes ... e.V. eingeholt hatte, stellte es mit Bescheid vom 24. März 1977 (Bl. 109 ESt-Akte Vater) den Teilwert des 1971 veräußerten Grundstücks mit 776.750,- DM fest. Für die übrigen (im einzelnen aufgeführten) Grundstücke des Vaters mit einer Gesamtfläche von 47.307 qm (u.a. auch die eingangs benannten Grundstücke 1 und 2) wurde eine entsprechende Feststellung abgelehnt.

Bei der nachfolgenden Festsetzung der Einkommensteuer für 1974 am 4. Oktober 1978 (Bescheid, Bl. 128 ESt-Akte Vater) wurden für das gesamte Wirtschaftsjahr 1974/1975 landwirtschaftliche Einkünfte des Vaters (ohne die ab 1. Januar 1975 vereinnahmten Pachtzinsen) nach Durchschnittssätzen ermittelt (Gewinn: 5.360,- DM; vgl. Berechnungsbogen, Bl. 125 ESt-Akte Vater) und der Besteuerung - zeitanteilig nach § 4 a Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 EStG - mit 2.680,- DM (zuzüglich 1/2 des Gewinns aus dem Wirtschaftsjahr 1973/1974 = 2.666,- DM) zugrunde gelegt. Der für das Wirtschaftsjahr 1975/1976 vom Finanzamt nach § 13 a EStG ermittelte landwirtschaftliche Gewinn berücksichtigte den Wohnungswert und die vereinnahmte Pacht (vgl. handschriftliche Berechnung, Bl. 132 ESt-Akte Vater). Auch in den nachfolgenden Jahren wurden die Pachtzahlungen des Klägers als landwirtschaftliche Einnahmen des Vaters angesetzt; eine am 18. Oktober 1977 erfolgte Grundstücksveräußerung des Vaters wurde gewinnmäßig (insgesamt: 204.005,- DM) bei den Veranlagungen 1977 und 1978 erfaßt.

Mit Schreiben vom 29. Juli 1985 teilte der Prozeßbevollmächtigte dem Finanzamt mit, daß die Kläger beabsichtigten, die Erbauseinandersetzung in der Weise durchzuführen, daß "ein Baugrundstück" veräußert, der Veräußerungsgewinn hälftig geteilt und die verbleibenden landwirtschaftlichen Grundstücke gegen eine an die Klägerin zu entrichtende Abfindungszahlung von ca. 330.000,- DM auf den Kläger zu Alleineigentum übergehen sollte (vgl. Bl. 1 Akte "verbindliche Auskunft"). Die Erteilung einer verbindlichen Auskunft wurde durch das Finanzamt abgelehnt.

Am 13. September 1985 wurden folgende Vorgänge notariell beurkundet:

Unter UR-Nr. 2117/1985 unterbreiteten die Kläger der ... gesellschaft mbH ein Angebot zum Erwerb der Grundstücke 1 und 2 zum Kaufpreis von 220,- DM/m² (= 3.008.940,- DM), befristet bis zum 1. Oktober 1986 (Angebot, Bl. 55 ff F-Akte).

Unter UR-Nr. 2120/1985 übertrug die Klägerin "zwecks Auflösung der bestehenden ungeteilten Erbengemeinschaft" von dem ererbten Grundbesitz (aufgelistet unter I. des Vertrages; es handelt sich um eine Fläche von insgesamt 57.139 qm) Grundstücke mit einer Gesamtgröße von 42.185 qm sowie das Hausgrundstück (1.277 qm) auf den Kläger zu Alleineigentum. Die Grundstücke 1 und 2 sowie das - nicht in der Liste des ererbten Grundbesitzes aufgeführte - Grundstück Nr. 3 (Ackerland) verblieben im Gesamthandsvermögen der Erbengemeinschaft. Im Gegenzug verpflichtete sich der Kläger, an seine Schwester einen Abfindungsbetrag von 320.925,- DM zu entrichten, der innerhalb von 14 Tagen nach Fälligkeit des Kaufpreises aus dem - gegebenenfalls später angenommenen - Angebot des Vorgangs UR-Nr. 2117/1985 fällig und zahlbar sein sollte. Gemäß VII. Nr. 3 des Vertrages sollten Besitz, Nutzungen, Lasten und Gefahr des Grundbesitzes mit Wirkung vom Tag der Zahlung des vorgenannten Abfindungsbetrags auf den Kläger übergehen. Nach XI. des Vertrages wurde dem Kläger das Recht eingeräumt, von dem Vertrag zurückzutreten, falls es nicht zur Annahme des Vertrages UR-Nr. 2117/1985 komme. Sollten die Grundstücke wegen Nichtdurchführung eines der beiden vorgenannten Vorgänge im Gesamthandsvermögen der Erbengemeinschaft nach dem 1. Oktober 1987 verblieben sein, verpflichtete sich die Erbengemeinschaft, die Grundstücke an den Kläger zum ortsüblichen Zinssatz zu verpachten.

Der Vorgang UR-Nr. 2117/1985 kam nicht zur Durchführung. Mit notariellem Vertrag vom 5. Dezember 1988 (UR-Nr. 2335/1988; Bl. 26 F-Akte) veräußerten die Kläger die Grundstucke 1 und 2 jedoch zu den gleichen Bedingungen (Kaufpreis: 220,- DM/m²; insgesamt: 3.008.940,- DM) an die Firma ... GmbH mit Wirkung zum 31. Dezember 1988. Der bis zum 20. Dezember 1988 von der GmbH zu zahlende Kaufpreis stand den Klägern jeweils hälftig zu. Der der Klägerin aus dem Vorgang UR-Nr. 2120/1985 zustehende Abfindungsbetrag von 320.925,- DM wurde ihrem Konto mit Wertstettung 30. Dezember 1988 gutgeschrieben (Kontoauszug, Bl. 54 a F-Akte).

Sämtliche vorgenannten Grundstücke wurden - bis zur Veräußerung der vorgenannten Flächen - in Vollzug des Pachtvertrages mit dem Vater bzw. - nach dessen Tod - infolge Duldung durch die Klägerin von dem Kläger im Rahmen seines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes allein bewirtschaftet.

Das Finanzamt gelangte zu der Ruffassung, daß die gegen Abfindungszahlung an die Klägerin dem Kläger zu Alleineigentum übertragenen und die von den Klägern am 5. Dezember 1988 veräußerten Grundstücke 1 und 2 landwirtschaftliches Betriebsvermögen gewesen seien und stellte mit Bescheiden vom 30. September 1991 für die Kläger - letztlich - einen Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft für das Wirtschaftsjahr 1988/1989 von insgesamt 3.021.025,- DM, den es den Kalenderjahren 1988 und 1989 jeweils hälftig zuordnete und auf die Kläger - soweit die Veräußerungsgewinne der Grundstücke 1 und 2 betroffen sind (insgesamt: 2.937.025,- DM) - jeweils hälftig und - soweit die Abfindungszahlung betroffen ist - der Klägerin allein zurechnete (insgesamt: 83.885,- DM; Bescheide, Bl. 43 ff, in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 21. Juli 1992, Bl. 87; Ermittlung: Bl. 41, 70 und 72, jeweils F-Akte). Hierbei ging das Finanzamt davon aus, daß der Vater am 22. Mai 1975 keine wirksame Betriebsaufgabe erklärt habe und daher die streitbefangenen Grundstücke zum Zeitpunkt der Übertragungsvorgänge Betriebsvermögen geblieben seien. Die Erbauseinandersetzung vom 13. September 1985 sei erst mit Zustandekommen des Kaufvertrags vom 5. Dezember 1988 vollzogen worden.

Mit der am 13. August 1992 erhobenen Klage machen die Kläger geltend, die von dem Vater am 22. Mai 1975 erklärte Betriebsaufgabe sei wirksam; ein Widerruf sei nicht möglich. In allen Steuerfragen habe sich der Vater vom ... beraten lassen, der auch die hier maßgebliche Steuererklärung 1974 im Konzept erstellt habe. Der Vater habe sich über die von ihm getätigte Erklärung nicht geirrt. Die fraglichen Grundstücke seien daher bereits 1975 Privatvermögen geworden. Hilfsweise haben die Kläger begehrt, die Veräußerungsgewinne in eine Rücklage nach § 6 b/§ 6 c EStG einzustellen. Die Klägerin habe eine landwirtschaftliche Aussiedlung in ... errichtet; der Baubeginn sei im Wirtschaftsjahr 1989/1990 erfolgt. Insoweit beliefen sich die Kosten auf ca. 1.450.000,- DM. Der Kläger habe am 22. Februar 1990 ein Grundstück für ca. 300.000,- DM erworben und am 4. Juli 1991 einen landwirtschaftlichen Aussiedlerhof für 1,1 Mio. DM erworben.

Mit Bescheiden vom 19. März 1993 (Bl. 33 ff Prozeßakte) änderte das Finanzamt die Feststellungen für die Streitjahre dahin, daß es unter Berücksichtigung einer Rücklage nach § 6 b Abs. 3 EStG von insgesamt 3.104.910,- DM für die Klägerin den Gewinn des Wirtschaftsjahres 1988/1989 mit 1.468.570,- DM feststellte und diesen den Kalenderjahren 1988 und 1989 jeweils hälftig (= 734.285,- DM) zurechnete. Der Klägerin wurde hierbei jeweils ein Gewinnanteil von 0,- DM, dem Kläger ein Gewinnanteil von jeweils 734.285,- DM zugeordnet. Die Gewährung einer Rücklage nach § 6 b/§ 6 c EStG für den Kläger - so das Finanzamt - sei deshalb nicht möglich, weil der Gewinn des an sich buchführungspflichtigen Klägers für seinen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb geschätzt worden sei.

Die Kläger haben die Änderungsbescheide rechtzeitig zum Gegenstand des Verfahrens gemacht.

Sie beantragen nunmehr,

die geänderten Feststellungsbescheide für 1988 und 1989 vom 19. März 1993 und die Feststellungsbescheide vom 30. September 1991 in der Fassung der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 21. Juli 1992 aufzuheben,

hilfsweise,

die geänderten Feststellungsbecheide für 1988 und 1989 vom 19. März 1993 dahin zu ändern, daß unter Bildung einer Rücklage nach § 6 b Abs. 3 bzw. § 6 c EStG auch für den Kläger der festgestellte Gewinn des Wirtschaftsjahres 1988/1589 auf 0,- DM festgestellt wird.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er verbleibt bei seiner Ruffassung, daß der Vater am 22. Mai 1975 keine eindeutige und klare Betriebsaufgabeerklärung abgegeben habe. Es sei vielmehr so, daß sich der Vater offensichtlich über den von ihm verwendeten Begriff der "Betriebsaufgabe" nicht im klaren gewesen sei. Dies habe das Ergebnis seiner persönlichen Vorsprache beim Finanzamt am 30. September 1976, bei der der Vater - offensichtlich nach entsprechender Belehrung durch den Sachbearbeiter über die Rechtsfolgen einer Betriebsaufgabe - eindeutig erklärt habe: "Eine Überführung des Betriebes in das Privatvermögen soll nicht erfolgen", gezeigt. Es sei auch zu berücksichtigen, daß der Vater bei Abgabe der Erklärung am 22. Mai 1975 steuerlich nicht beraten gewesen sei und im allgemeinen Sprachgebrauch der, Begriff "Betriebsaufgabe" häufig auch dann gebraucht werde, wenn es beispielsweise - bei Beginn des Rentenbezugs - um die Einstellung der Betriebsleiterfunktion oder um Überlassungsvorgänge an den Hoferben gehe. Daß sich der Vater über den steuerlichen Begriff der Betriebsaufgabe nicht im klaren gewesen sei, zeige auch der Umstand, daß in der Steuererklärung 1974 jegliche Angaben zu einem Aufgabegewinn oder zu entnommenen Grundstucken fehlten.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet.

Zu Recht hat das Finanzamt die an den Kläger und an die Firma ... GmbH übertragenen Grundstücke als landwirtschaftliches Betriebsvermögen gewertet und die hierbei entstandenen Gewinne den Klägern im Rahmen der Gewinnfeststellungen für die Jahre 1988 und 1989 zugerechnet. Das klägerische Hilfsbegehren führt gleichfalls nicht zum Erfolg der Klage.

Unstreitig ist, daß sämtlich streitbefangenen Grundstücke ursprünglich zum landwirtschaftlichen Betriebsvermögen des Vaters gehörten. Unstreitig ist auch - falls es sich weiterhin um landwirtschaftliches Betriebsvermögen handelt - die Höhe des entstandenen Gewinns und seine Verteilung auf die Kläger, Allein streitig ist, ob die Grundstücke im Rahmen einer Betriebsverpachtung im ganzen zu Beginn des Jahres 1975 ins Privatvermögen des Vaters überführt wurden und somit die Veräußerungsvorgänge im - einkommensteuerrechtlich irrelevanten - Privatbereich stattgefunden haben. Dies ist allerdings nicht der Fall.

Wird ein landwirtschaftlicher Betrieb im ganzen verpachtet (oder unentgeltlich zur Nutzung überlassen), so kann der Verpachter (Überlassender) wählen, ob er den Vorgang als Betriebsaufgabe im Sinne des § 14 Satz 2 i.V.m. § 16 Abs. 3 EStG behandeln und damit die Wirtschaftsgüter seines Betriebs mit der Folge der Realisierung der in ihnen enthaltenen stillen Reserven in sein Privatvermögen überführt, oder ob er das Betriebsvermögen während der Nutzungsüberlassung fortführen will (ständige hochstrichterliche Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Urteile vom 20. April 1989 - IV R 95/87, BStBl II 1989, 863;vom 15. Oktober 1987 IV R 66/86, BStBl II 1988, 260; auch:vom 14. Dezember 1993 - VIII B 13/93, BStBl II 1994, 922, 924, jeweils mit weiteren Nachweisen). Dieses Recht des Steuerpflichtigen findet nach hochstrichterlicher Rechtsprechung seine Rechtfertigung darin, daß die Einstellung der eigenen betrieblichen Tätigkeit im Falle der Verpachtung nicht endgültig sein muß, solange die (objective) Moglichkeit der Wieheraufnahme durch die Beendigung des Pachtverhältnisses besteht. Die Rechtsprechung wollte damit zugunsten des Steuerpflichtigen vermeiden, daß bei der Betriebsverpachtung im ganzen zwangsläufig durch die Annahme einer Betriebsaufgabe steuerpflichtige stille Reserven aufgelöst werden, ohne daß dem Steuerpflichtigen - wie z.B. bei einer Betriebsveräußerung - Mittel zufließen, mit denen er die auf den Aufgabegewinn entfallende Einkommensteuer bezahlen könnte (BFH-Urteil vom 20. April 1989, a.a.O., Seite 864 re.Sp.). Im Licht dieser Betrachtung fordert die Rechtsprechung für die Annahme der Wahl einer Betriebsaufgabe durch den Steuerpflichtigen, eine - jederzeit während der Dauer der Verpachtung mögliche - Erklärung gegenüber dem Finanzamt (vgl. insoweit: BFH-Urteil vom 12. März 1932 IV R 29/91, BStBl II 1993, 36, 40 unter A Nr. 4), die "eindeutig und zweifelsfrei" erkennen läßt, daß sich der Steuerpflichtige für eine Betriebsaufgabe mit allen steuerlichen Folgen entschieden hat (BFH-Urteil vom 15. Oktober 1987, a.a.O., Seite 262 li.Sp. unter Nr. 4; Schmidt, EStG, 14. Aufl., § 16 Rz. 711).

Im Streitfall liegen zwar die Voraussetzungen zur Ausübung vorstehenden Wahlrechts vor. Denn der Vater hatte zum 1. Januar 1975 sämtliche wesentlichen Betriebsgrundlagen, nämlich die landwirtschaftlich genutzten Grundstücke, an seinen Sohn - den Kläger - verpachtet; die Zurückbehaltung einer selbstbewirtschafteten Fläche von 2.300 qm steht dem nicht entgegen. Die auf der Einkommensteuererklärung 1974 von ihm zwar eigenhändig unterschriebenen, aber offensichtlich nicht selbst gefertigten Aussage: "Hiermit erkläre ich die Betriebsaufgabe meines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes zum 31. Dezember 1974" beinhaltet jedoch unter Beachtung seines nachfolgenden Verhaltens, insbesondere der in der finanzamtlichen Niederschrift vom 30. September 1976 enthaltenen Darlegung des Vaters, keine ausreichende Dokumentation der Betriebsaufgabeabsicht im steuerlichen Sinne.

Wie das Finanzamt zutreffend dargelegt hat, wird der Begriff der "Betriebsaufgabe" in seiner steuerlichen Bedeutung oft nicht zu treffend erfaßt und auch dann verwandt, wenn eine Betriebsaufgabe im Sinne des § 16 Abs. 3 EStG nicht vorliegen kann. Dies ist z.B. der Fall, wenn der Landwirt aus Altersgründen die wesentlichen Grundlagen seines landwirtschaftlichen Betriebes an den künftigen Hoferben unentgeltlich - ggf. gegen Zahlungen einer dauernden Last - zu Eigentum überträgt. Die unentgeltliche Übertragung stellt keine Betriebsaufgabe dar; vielmehr hat der Empfänger gemäß § 7 Abs. 1 EStDV die Buchwerte des Rechtsvorgängers fortzuführen. Stille Reserven werden beim übertragenden nicht - obwohl dieser seine unternehmerische Tätigkeit endgültig aufgibt - realisiert (vgl. auch Schmidt, a.a.O., § 16 Rz. 35 ff mit der dort aufgeführten Rechtsprechung). Wie sich aus der in der Niederschrift vom 30. September 1976 festgehaltenen Bekundung des Vaters anläßlich seiner persönlichen Vorsprache beim Finanzamt ergibt, hatte er im Zeitpunkt seiner "Betriebsaufgabeerklärung" die steuerliche Bedeutung seiner damaligen Kundgabe nicht erfaßt; ihm war offensichtlich auch das Vorliegen eines entsprechenden Wahlrechts bei einer Betriebsverpachtung im ganzen nicht bewußt. Insoweit liegt am 30. September 1976 in der Aussage des Vaters "eine Überführung des Betriebes in das Privatvermögen soll nicht erfolgen" eine Klarstellung dahin vor, daß von Anfang an eine Betriebsaufgabe mit allen steuerrechtlichen Folgen nicht beabsichtigt war. Obwohl die Erklärung über die Betriebsaufgabe keine (rechtsgeschäftliche) Willenserklärung ist, sondern die Kundgabe der (inneren) Absicht des Steuerpflichtigen, den Betrieb endgültig aufzugeben und die der Erzielung von Betriebseinnahmen dienenden Wirtschaftsgüter endgültig dem Privatbereich zuzuordnen (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 9. August 1989 X R 20/86, BStBl II 1990, 128, 130 li.Sp.; Reiß in Kirchhof/Söhn, EStG, § 16 Rnr. F 61), muß im Wege der Auslegung in entsprechender Anwendung des § 133 BGB ermittelt werden, welche Bedeutung der Steuerpflichtige seiner Kundgabe beilegen wollte und wie der Erklärungsempfänger (hier: das Finanzamt) die Mitteilung objektiv werten mußte. Hierbei ist nicht nur die Erklärung selbst, sondern die objektive Erklärungsbedeutung des Gesamtverhaltens des Erklärenden einschließlich der Nebenumstände in die Auslegung einzubeziehen (BFH-Beschluß vom 13. September 1990 - IV R 60/90, BFH/NV 1991, 297 m.w.N.). Im Streitfall war der Vater bei Abgabe seiner ursprünglichen Erklärung nicht durch einen steuerlichen Berater vertreten. Dem Umstand allein, daß es sich - wie die Kläger vortragen - durch den ... in Steuerfragen hat beraten lassen, mißt der Senat schon deshalb keine Bedeutung bei, weil diesbezügliche Angaben in der Steuererklärung fehlen. Das Finanzamt als Erklärungsempfänger konnte daher nicht davon ausgehen, daß dem Vater die Bedeutung seiner Erklärung bekannt war. Insbesondere fehlten bei Abgabe der Steuererklärung jegliche Angaben zu "entnommenen" Grundstücken und zur Ermittlung des "Aufgabegewinns". Des weiteren ist noch folgendes zu berücksichtigen: Die Verpachtung sollte nach Angaben des Vaters zum 1. Januar 1975 erfolgt sein; die von ihm der Erklärung beigefügte Liste der verpachteten Grundstücke (Anlage zum Pachtvertrag) weist jedoch als Datum den 14. Februar 1975 aus. Die "Aufgabeerklärung" ging beim Finanzamt erst am 22. Mai 1975 ein. Wird aber - wie hier - in der Erklärung ein Aufgabezeitpunkt genannt, der mehr als drei Monate vor Zugang der Erklärung beim Finanzamt zurückliegt, so kann die Erklärung als Äußerung nur einer (gegebenenfalls unzutreffenden) Rechtsansicht oder zugleich als rechtsgestaltende Aufgabeerklärung auszulegen sein (BFH-Beschluß vom 13. September 1990, a.a.O.). Unter Berücksichtigung sämtlicher vorgenannter Umstände kann nicht mehr von einer "eindeutigen und zweifelsfreien" Aufgabeerklärung ausgegangen werden. Soweit die Kläger geltend machen, der Vater habe anläßlich seiner Vorsprache beim Finanzamt am 30. September 1976 das Protokoll nur "auf Drängen und nach einer wohl einseitigen Belehrung" unterschrieben, folgt dem der Senat nicht. Wie sich auch in der nachträglichen Zuerkennung eines höheren Teilwerts hinsichtlich des 1971 veräußerten Grundstücks zeigt, hat das Finanzamt dem insoweit steuerlich unrichtig beratenen Vater nach Kräften helfen wollen, die auf ihn zukommenden erheblichen steuerlichen Belastungen zu vermeiden. Dies kann dem Finanzamt nicht nachträglich zum Nachteil gereichen. Hierbei ist auch folgendes zu bedenken: Offensichtlich sollte der landwirtschaftliche Betrieb im ganzen durch den Kläger als künftigen Hoferben fortgeführt werden. Andererseits wollte sich der Vater seines Eigentums an den landwirtschaftlichen Grundstücken bis zu seinem Tod bzw. bis zum Tod seiner Ehefrau nicht begeben. Hätte er den Betrieb dem Kläger zu Eigentum übertragen, wäre ein Aufgabegewinn jedenfalls nicht entstanden. Dies muß nach Auffassung des Senats erst recht gelten, wenn - wie hier - der Betrieb ohne Übereignungsvorgänge in die Hände des Sohnes als künftigen Hoferben gelegt wird und dieser den Hof fortan unter eigener Verantwortung bewirtschaftet. Dieser Wille des Vaters zur Fortführung des Betriebs durch den Sohn - ohne Realisierung der in den Grundstücken enthaltenen stillen Reserven - ist zu beachten. Dieser Auslegung steht nicht, wie die Kläger meinen, das zur Entnahme ergangene BFH-Urteil vom 31. Januar 1985 IV R 130/82 (BStBl II 1985, 395, 397 li.Sp.) entgegen, wonach die von einem Entnahmewillen getragene Entnahmehandlung weder einen Willen zur Gewinnverwirklichung noch das Bewußtsein einer solchen Gewinnverwirklichung oder eine ungefähre Vorstellung über ihr Ausmaß erfordert. Bei der Entnahme eines einzelnen Wirtschaftsguts muß - ebenso wie bei der Betriebsaufgabe, d.h. einer Totalentnahme - der Wille des Steuerpflichtigen, das "Wirtschaftsgut nicht (mehr) zur Erzielung von Betriebseinnahmen, sondern fortan nur noch zur Erzielung von Privateinnahmen oder einkommensteuerrechtlich neutralen Zwecken einzusetzen", nach außen "klar", "eindeutig" und "unmißverständlich" zum Ausdruck kommen (vgl. BFH-Urteile vom 16. März 1983 IV R 36/79, BStBl II 1983, 459, 463 li.Sp.; vom 15. Oktober 1987, a.a.O., S. 264 li.Sp.; vom 9. August 1989, a.a.O., S. 130 li.Sp.). Unabhängig hiervon bemerkt der Senat, daß jedenfalls die vom Kläger zum 3. Juni 1982 (Todestag des Vaters) ererbten Grundstucke - soweit diese ihm infolge seiner Erbquote allein zuzurechnen waren - seinem landwirtschaftlichen Betriebsvermögen auf alle Fälle zuzurechnen gewesen wären. Denn selbst wenn diese Grundstücke infolge, einer wirksamen Betriebsaufgabeerklärung des Vaters in dessen Privatbereich überführt worden waren, hatten sie zum 3. Juni 1982 ins landwirtschaftliche Betriebsvermögen des Klägers eingelegt werden müssen. Sie wurden nämlich - wie auch zuvor - vom Kläger im Bereich seines landwirtschaftlichen Betriebs genutzt.

Die am 18. Oktober 1977 erfolgte Grundstücksveräußerung - es handelt sich um eine Fläche von insgesamt 2.500 qm - hat nicht etwa zur Folge, daß hierdurch das Verpächterwahlrecht entfallen wäre und somit sämtliche verbleibenden Grundstücke notwendigerweise Privat vermögen des Vaters geworden wären. Denn die veräußerte Fläche stellt im Verhältnis zu der Gesamtfläche, die dem Vater zu Eigentum verblieben ist (57.139 qm zuzüglich 10.415 qm - Grundstück 3 -), keine wesentliche Betriebsgrundlage des verpachteten Betriebes dar. Weitere Grundstücksveräußerungen sind in der Zeit zwischen 1976 und 1982 nicht erfolgt. Insoweit handelt es sich lediglich um eine unbedeutende Verkleinerung des - infolge der Verpachtung fortbestehenden - land- und forstwirtschaftlichen Betriebes.

Die hier streitbefangenen Veräußerungsgewinne sind - was unstreitig ist - zutreffend als Gewinne des Wirtschaftsjahres 1988/1999 behandelt worden. Dies gilt auch hinsichtlich der Abfindungszahlung an die Klägerin. Denn der Erbauseinandersetzungsvorgang vom 13. September 1985 stand unter dem Vorbehalt, daß es zu einer Veräußerung der Grundstücke 1 und 2 kommt, aus der die Abfindungssumme bestritten werden konnte. Dementsprechend sollten auch erst dann Besitz, Nutzung und Gefahr hinsichtlich der übertragenen Grundstücke auf den Kläger übergehen, wenn die Abfindungszahlung an die Klägerin geleistet werde. Dies geschah erst im Dezember 1988, also im Wirtschaftsjahr 1988/1989.

Zu Recht hat es das Finanzamt schließlich abgelehnt, den Veräußerungsgewinn auf Reinvestitionen des Klägers nach § 6 b bzw. § 6 c EStG zu übertragen bzw. in eine diesbezügliche Rucklage einzustellen. Die genannten Vorschriften finden bei einer Gewinnschätzung keine Anwendung (BFH-Urteil vom 24. Januar 1990 - I R 152-153/85, BStBl II 1990, 426; Schmidt/Glanegger, a.a.O., § 6 b Rz. 40, 85 und § 6 c Rz. 2), weil es in diesen Fällen an einer entsprechenden Bilanz (§ 6 b Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG) bzw. einer anderweitigen Gewinnermittlung (§ 4 Abs. 3 oder § 13 a EStG; vgl. insoweit § 6 c Abs. 1 Halbsatz 2 EStG) fehlt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO und - hinsichtlich des erledigten Hilfsbegehrens für die Klägerin - aus § 138 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 137 Satz 1 FGO. Im Einspruchsverfahren haben die Kläger ausschließlich die - nach ihrer Meinung nicht steuerbare - Veräußerung von Privatvermögen geltend gemacht. Das auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft gerichtete Begehren vom 29. Juli 1985 auf Zuführung des Veräußerungsgewinns in eine Rücklage nach § 6 b EStG betraf zwar (nur) die Klägerin; es wurde jedoch später (vgl. Schreiben des Prozeßbevollmächtigten vom 10. Januar 1989) nicht mehr weiterverfolgt.

Verkündet am 29.11.1995

Ende der Entscheidung

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